Beim Amstettner Abschnittsfeuerwehrtag wurde Amstettens ältester Feuerwehrmann geehrt. Am 2. Mai 1944 trat Franz Gerlinger der Feuerwehr Amstetten teil, mit seinen 93 Jahren ist er das älteste Feuerwehrmitglied im ganzen Abschnitt Amstetten-Stadt mit seinen 653 Mitgliedern.
„1944 musste ich wählen, zu welchem Bereich der Hitler-Jugend ich mich melde. Ich entschied mich für die Feuerwehr, da mein Vater damals Feuerwehrkommandant-Stellvertreter war. Ein weiterer Vorteil war, dass ich z.b. nach einem Fliegeralarm die Schule wegen eines Feuerwehreinsatzes verlassen durfte“ schmunzelt Franz Gerlinger.
Erlebte Stunde null
„Franz Gerlinger erlebte die Stunde null der Feuerwehr Amstetten bis zur Etablierung als hochmoderne Feuerwehr“, so Abschnittsfeuerwehrkommandant Stefan Schaub. Laut Geringer beschlagnahmten die russischen Besatzer sämtliche Fahrzeuge, daher stand zu dieser Zeit zum Löschen anfangs nur die Eimerkette zur Verfügung – Männer und Frauen, die sich Wasserkübeln weiterreichen! Der 93-Jährige erinnert sich noch gut an die Löscharbeiten am Bahnhof und in der Pfarre Amstetten Herz Jesu. Eines der ersten Fahrzeuge, die Gerlinger fuhr, war ein englisches: Es sei doch sehr ungewohnt gewesen, dass das Lenkrad auf der rechten Fahrzeugseite war.
Bekanntes Schuhgeschäft
Gerlinger führte jahrzehntelang das bekannte Schuh- und Orthopädiegeschäft in Amstetten. Schaub schmunzelt: „Renommierte Feuerwehrfamilien haben offensichtlich einen Hintergrund in diesem Bereich, auch mein Vorgänger als Abschnittsfeuerehrkommandant, Johann Furtlehner, führt in Hausmening ein Schuh- und Orthopädie-Fachgeschäft“ Bei Gerlinger stehe es auf jeden Fall symbolisch dafür, dass er viele große Fußspuren hinterlassen habe, so Stefan Schaub. Bei zahlreichen Einsätzen war Amstettens ältestes Feuerwehrmitglied Teil der Löschmannschaften. Eine große Freundschaft mit seinem Feuerwehrkamerad und späteren Kommandant Helfried Blutsch Sen., der ebenfalls Teil der Feuerwehr-Familie ist. Vieles habe man zusammen an Fahrzeugen und anderen Gerätschaften umgebaut und herumgebastelt.
Immer wieder erwähnt Gerlinger den Rauscher-Brand in den 1960er-Jahren. Aus eigener Erfahrung weiß er aber auch um die kraftraubenden Einsätze bei Hochwasser. Als leidenschaftlicher Zillenfahrer hat er gemeinsam mit Franz Hinterberger, dem späteren Bezirksfeuerwehrkommandanten, einige Wasserdienstleistungsbewerbe bestritten. Auch die Einsätze auf der damals neu gebauten Autobahn waren prägend.
Beim tödlichen Unfall eines Kameraden während eines Einsatzes war er ebenfalls dabei. Gerlinger, der es bis zum Hauptbrandmeister schaffte, erlitt auch einmal eine Rauchgasvergiftung, die ihn ein Jahr beeinträchtigte. Auch eine andere Episode ist ihm lebhaft in Erinnerung geblieben: Bei einem Brand im Bahnhofsbereich löschte er seinen Durst mit dem Wasser aus dem Strahlrohr. „Das war keine gute Idee, das Wasser entstammt einem Bombentrichter und war voll mit Fäkalien und ich erkrankte an der Ruhr!“
Familie trug Engagement mit
Auch seine Gattin trug Gerlingers Engagement mit. Tochter Susi hat ebenfalls gute Erfahrungen, verbrachte sie doch viele schöne Stunden mit der Feuerwehrfamilie. Allerdings verriet ein Feuerwehreinsatz auch, dass sie von einer Ballnacht noch nicht zuhause war, lacht sie. „Das Piepserl hat zum Einsatz gerufen und da entdeckten meine Eltern, dass ich noch nicht im Bett bin, sondern offensichtlich noch unterwegs bin.“
Franz Gerlinger – der als großer Amstettner Gentleman gilt – ermutigt die Jugend, der Feuerwehr beizutreten: „Man bekommt viele Möglichkeiten Gutes zu tun. Und es ist eine tolle Gemeinschaft!“ Gerne besucht er das Feuerwehrhaus Amstetten und hält sich auf dem Laufenden. Denn im Feuerwehrwesen bewegt sich immer viel, weiß er aus 80-jähriger eigener Erfahrung. „Es hält jung, sich mit jungen Leuten zu unterhalten!“
Das große Interesse der Jugend an der Feuerwehr erfüllt ihn mit Freude. Gerlinger betont den Wert des Ehrenamtes, ohne dem vieles in der Gesellschaft nicht möglich wäre. Für ihn war „Hilfsbereitschaft immer normal, aber es kann auch hart sein!“
Abschnittsfeuerwehrkommandant Stefan Schaub dankt Franz Gerlinger: „Es lohnt sich im Feuerwehrwesen immer, generationenübergreifend im Gespräch zu sein. Alle können ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen.“